Heute bin ich in eine Art Identitätskrise abgerutscht. Die Gründe dafür haben sich schon seit längerer Zeit aufgestaut. Aber der wirkliche Auslöser war der Youtube-Channel von Strawbellycake.
Wie manche von euch vielleicht wissen, habe ich nicht nur das relativ verbreitete ADHS, sondern auch das weniger bekannte Asperger-Syndrom. Das hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Gut daran ist, dass ADS die Spannweite des IQ nach oben hin vergrößert. Das heißt, mehr ist möglich, muss aber nichts heißen; man kann auch strohdumm bleiben. Asperger-Autisten bilden oft besonders ausgeprägte Fäigkeiten (z.B. ausgeprägte Musikalität) und eine besondere Auffassungsgabe.
Ein Vorteil von AD(H)S ist, dass man sich manchmal gut auf bestimmte Dinge konzentrieren kann. ADS blendet bestimmte Dinge fast aus und setzt den Fokus auf eine Sache. Entweder das ist genau das, was man will. Das kann auch über mehrere Tage oder Wochen anhalten. Man beschäftigt sich viel mit diesem Thema und kann sich gut darauf konzentrieren. Das nennt man Hyperfokus.
Das Nachteil am Hyperfokus ist, dass er sich genauso gut auch auf Dinge richten kann, die eigentlich unwichtig sind. Dann kann einen die Fliege an der Wand von Hausaufgaben oder anderen wichtigen Dingen ablenken. Darum heißt Aufmerksamkeits
Defizit-Syndrom.
Teilweise kann man diesen Effekt mit Medikamenten unterdrücken. Gerade dann lernt man, die Vorteile zu nutzen. Die großen Genies hatten oft ADS. Unter anderem Albert Einstein, aber auch Günter Jauch. AD(H)S ist angeboren und nicht heilbar, man kann es aber mit Medikamenten (Ritalin, Medikinet usw.) behandeln. Man kann lernen, gezielt die Vorteile zu nutzen und die Medikamente helfen bei der Bekämpfung der Nachteile.
Das Asperger-Syndrom ist da hartnäckiger. Man kann Asperger-Autisten als Einzelgänger bezeichnen. Dinge wie Empathie oder Gruppendynamik fallen ihnen schwer. Eine nicht wichtige aber auffällige Eigenschaft dabei ist, dass die meisten Asperger-Autisten, wenn sie mit anderen Leuten sprechen, nicht auf die Augen, sondern den Mund schauen. Die Augen des Gegenübers sind für sie nicht von großer Bedeutung, weil sie die Sprache der Augen nur schlecht sprechen bzw. verstehen. Asperger-Autismus ist angeboren nicht heilbar.
Das hört sich jetzt alles sehr extrem an. Jemand, der diese Syndrome nicht kennt, würde nie auf den Gedanken kommen, dass sein gegenüber ein solches Syndrom hat. Asperger-Autisten werden eher als ungeschickt oder wunderlich, menschenscheu oder schüchtern wahrgenommen. ADS-Patienten scheinen ihre Gedanken nicht immer beisammen zu haben, sind häufiger abgelenkt und bei ADHS "hibbelig" (H = Hyperaktivität). Das alles ist zwar nervig, aber es als Krankheit zu bezeichnen, ginge zu weit. ADS noch am ehesten, weil man das Syndrom behandeln kann (oder zumindest Teile davon). Die Grenze ist fließend. Asperger-Autismus ist nicht behandelbar. Man kann lernen, damit umzugehen und es mit anderen Fähigkeiten auszugleichen. Trotzdem ist der Unterschied zum "normalen" Menschen hier deutlicher als bei ADS.
Jetzt aber zu meiner "Krise". Als ich mir den Kanal von Strawbellycake angesehen habe, merkte ich, dass sie begeisterter Manga- und Anime-Fan ist. Besonders das Fanart-Video von Noobsaftpresse hat mir meine frühere Manga-Zeit wieder ins Bewusstsein gerufen. Vor einigen Jahren war ich intensiver Manga-Leser. Ich habe nie wirklich damit aufgehört. Aber irgendwann merkte ich, dass ich keine Mangas mehr lese. Dann wurde mir bewusst, dass das in meinem Leben keine Seltenheit war. Ich habe schon viel zu oft Dinge begonnen, die mir Spaß machten und sie dann mittendrin abgebrochen. Doch in Sachen Anime/Manga belastet mich das besonders.
Es hat sich nichts geändert. Ich liebe immer noch die Kunst des Anime. Leider fehlt mir die Ausdauer, um mich länger damit zu beschäftigen. Auch meine Fähigkeiten nützen auf diesem Gebiet nicht viel (ich kann z.B. kein bisschen zeichnen). Aber ich will es trotzdem. Ich WILL mich tagelang, wochenlang, monatelang, jahrelang mit Anime beschäfigen, will die bekannten Serien sehen, will die Youtube-Stars treffen, will zur AnimagiC gehen usw. Leider habe ich einfach nicht das Durchhaltevermögen dafür.
Ich bin eigentlich ein mitfühlender Mensch, dem andere sehr wichtig sind. Wenn es einer Internet-Bekanntschaft, die ich erst seit 2 Wochen kenne, schlecht geht, geht es mir auch schlecht. Aber hier steht mir das Asperger-Syndrom im Weg. Wenn z.B. eine Klassenkameradin eine 5 geschrieben hat, weiß ich, dass wenn ich irgendwas sage, es garantiert falsch verstanden wird. Ich kann zwar gut mitfühlen, das aber nicht so zeigen, wie es andere tun.
Im Internet ist das bevorzugte Kommunikationsmittel der Text. Was man fühlt, muss man auch schreiben. Dann sehe ich das und weiß, wie ich reagieren kann. Aber wenn neben mir eine weinende Klassenkameradin sitzt, könnte ich mich daneben setzen und gleich mitheulen, selbst wenn ich eine 1 habe. Und das macht mich manchmal innerlich richtig fertig.
Viele Dinge habe ich in meinem Leben schon angefangen und abgebrochen, weil mir die Ausdauer oder die Leidenschaft fehlt. Am liebsten würde ich mich selbst unglücklich machen, bis ich etwas gefunden habe, was mich wieder glücklich macht (z.B. Anime), um mich zu zwingen, endlich meinen Arsch zu bewegen.
Heute abend bin ich eine Stunde zu spät in die Jugendgruppe aus meiner Gemeinde gekommen. Dann haben das Video "Shell" von Nooma gesehen. Darin ging es um die guten und die besseren Dinge im Leben. Und um eine Geschichte (ich hoffe, es stimmt so):
Rob Bell (Nooma) ging mit seiner Familie am Strand entlang. Der ganze Strand war voll mit hunderten von Muscheln. Plötzlich sahen sie einen riesigen Seestern im Wasser, etwa 10 Meter von der Küste entfernt. Robs Sohn bekam dieses Funkeln in den Augen: "Das ist meins! Das will ich haben!" Also sagte er zu ihm "Geh doch und hol ihn dir. Es ist gleich hier." Also rannte der kleine Junge los. Auf halbem Weg drehte er wieder um und kam zurück. "Was ist denn los? Hol ihn doch. Er ist doch gleich dahinten." Der Junge machte wieder kehrt - und kam wieder zurück. Beim dritten mal hatte er den Seestern fast erreicht, da drehte er wieder um und rannte zu seiner Familie zurück. "Was ist denn los? Wieso holst du ihn nicht?" Da zeigt der kleine Junge seine Hände. Sie sind voller Muscheln.
Oft verdrängen die guten Dinge im Leben die besten. Man will so viele gute Sachen haben, dass kein Platz mehr für die wichtigsten, die besten bleibt. Der größte Feind vom Besten ist das Gute.
Ich habe in der Dunkelheit gesessen und war den Tränen nahe. Schon beim ersten Nooma-Video, das ich sah, steckte ich in der Klemme. Damals hatte ich bei einer einwöchigen Übernachtung im Gemeindehaus (mit der Jugend) versucht, mit den anderen auf meinem PC Windows 7 zu installieren. Nachdem Windows XP deinstalliert war, ging fast gar nichts mehr. Die Installation wollte nicht starten. Es ging einfach nicht.
Dann wurde ein Nooma-Video über Hiob gezeigt. Hiob war ein reicher Mann. Er vertraute auf Gott und es ging ihm gut. Doch als er in kurzer Zeit seine ganze Familie und seinen ganzen Besitz verlor und dann noch aussätzig wurde, behielt er dennoch sein unerschütterliches Gottvertrauen. Seine Freunde kamen zu ihm, sahen ihn, rissen sich die Kleider vom Leib und saßen vier Tage schweigend neben ihm. Sie halfen ihm durch die schwere Zeit und danach wurde Hiob noch reicher, gründete eine neue Familie und dankte Gott dafür.
Auch mir ging es schlecht. Ich musste eine Bewerbung schreiben, hatte die Chance auf Windows 7 (scheinbar) verpasst und war frustriert, weil ich den ganzen Tag erfolglos versucht hatte, den PC ans laufen zu kriegen. Dann kam das Video und vor meinen Augen verschwamm wieder alles. Das Video hatte mich innerlich tief bewegt, weil es genau zu meiner Lebenssituation passte. Aber auch ich hatte Unterstützung und bald lief mein Computer wieder wie neu. Sogar besser: Windows 7 hatte ich trotzdem!
Beide Nooma-Videos haben perfekt zu meiner aktuellen Lebenssituation gepasst und mir durch die schwere Zeit geholfen. Ich bin mir sicher, dass ich auch diese Krise mit Unterstützung von meinen Freunden durchstehen werde.
Besonders möchte ich auch noch einmal Etenia danken (ich habe dich nicht vergessen
) Danke, dass du mich auf das Video inenrlich vorbereitet hast und ich mich bei dir sicher fühlen konnte. Danke, dass du an mich geglaubt hast und mir geholfen hast, durch diese erste Zeit der Krise hindurchzukommen.
Danke!
